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"Die Jungen siegen, wenn die Alten fallen." William Shakespeare (angeblich)

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Die BILD-Zeitung brachte am 16. Oktober 2017 ein Shakespeare-Zitat (Link), das zwei Tage später von ein österreichischen Zeitung (Link)übernommen wurde. Der Journalist Franz Joseph Wagner hat das berühmte Zitat aus der Tragödie König Lear: "Die Jungen steigen, wenn die Alten fallen", etwas entstellt wiedergegeben. 

Der Spruch kommt aus dem Mund des miesen, unverschämten, aber attraktiven Edmund, dem unehelichen Sohn Gloucesters, des zweiten dummen Vaters der Tragödie.

William Shakespeare, King Lear, 3. Akt, 3. Szene / Edmund:
  • "The younger rises when the old doth fall." (William Shakespeare)
  • "Die Jungen steigen, wenn die Alten fallen." (Schlegel/Tieck; Baudissin)
  • "So steigt der Junge, wenn der Alte fällt." (Erich Fried)
  • "Die Jungen steigen, wenn die Alten stürzen." (Richard Flatter)
  • "Die Jungen siegen, wenn die Alten fallen." (Franz Joseph Wagner)

  • "EDMUND
    This courtesy, forbid thee, shall the duke
    Instantly know, and of that letter too.
    This seems a fair deserving, and must draw me
    That which my father loses—no less than all.
    The younger rises when the old doth fall."
    William Shakespeare: King Lear, 3. Akt, 3. Szene (Link), (Link)

    • "EDMUND
      Den Eifer, mit Vergunst, meld' ich sogleich
      Dem Herzog, und von jenem Brief dazu.
      Dies scheint ein groß Verdienst und soll mir lohnen
      Mit meines Vaters Raub, den Gütern allen:
      Die Jungen steigen, wenndieAltenfallen."
      Übersetzung: Schlegel/Tieck

      "EDMUND
      Von deinem Freundschaftseifer, dem verbotnen,
      Meld ich dem Herzog gleich, auch von dem Brief.
      Dies scheint ein groß Verdienst und soll mir lohnen
      Mit dem, was er verliert: den Gütern allen!
      Die Jungen steigen, wenn die Alten fallen."
      Übersetzung: Wolf Graf Baudissin (Link)
    ______
    Quellen:
    Bild-Zeitung, 16. Oktober 2017  (Link)
    Shakespeares sämtliche Dramen in vier Bänden. Schlegel-Tiecksche Übersetzung, 4. Band, Phaidon-Verlag, Stuttgart / Wien / New York: (o. D.) (Link)
    Erich Fried: Shakspeare, 3. Band, Verlag Klaus Wagenbach,  Berlin: 1989
    Richard Flatter: Shakespeare neu übersetzt. In sechs Bänden. 2. Band, Walter Krieg Verlag, Wien / Bad Bocklet / Zürich: 1953
    Zeno.org.
    Projekt Gutenberg 
    sparknotes

     

    „Wer die Wahrheit beschreiben will, überlasse die Eleganz dem Schneider.“ Albert Einstein (angeblich)

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    Pseuo-Albert-Einstein quote.

    Albert Einstein hat dieses Bonmot so ähnlich vom Wiener Physiker Ludwig Boltzmannübernommen, wie er im Vorwort seiner 'gemeinverständlichen' Ausgabe der 'speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie' 1916 erklärt.

    Doch schon 1921 unterschlägt ein anonymer "Fachgelehrter" den Namen "Boltzmann" in einem Artikel gegen den Wiener "Einsteinrummel" und schreibt das Zitat, so wie später noch viele andere, fälschlich Albert Einstein zu.

    Albert Einstein, 1916:
    • "Im Interesse der Deutlichkeit erschien es mir unvermeidlich, mich oft zu wiederholen, ohne auf die Eleganz der Darstellung die geringste Rücksicht zu nehmen; ich hielt mich gewissenhaft an die Vorschrift des genialen Theoretikers L. Boltzmann, man solle die Eleganz Sache der Schneider und Schuster sein lassen."
      Albert Einstein, 1916 (Link)
    Reichspost, 1921:
    • "Überhaupt die populären Bearbeitungen von Ensteins Lehren! Er selbst hat eine verfaßt, die kein Mensch versteht, wie Einstein selbst zugibt, der noch sagt, Eleganz sei die Sache der Schuster und Schneider. Merkwürdig, einen Newton, Galilei, Schopenhauer, Rob. Mayer versteht jedermann, desgleichen einen Darwin, Helmholtz usw.  Nur Herrn Einstein versteht man nicht, wo doch alles Goße, Wahre immer so einfach ist."
      Reichspost, Morgenblatt,  Viator (Psd.): "Einsteinrummel", 14. Januar 1921, S. 2  (Link)
    Varianten des falschen Einstein-Zitats:
    • "Wenn du es nicht einfach erklären kannst, verstehst du es nicht gut genug. Wenn du die Wahrheit beschreiben willst, überlasse die Eleganz dem Schneider."
    • "Wenn du vorhast, die Wahrheit zu beschreiben, dann überlasse die Eleganz dem Schneider."
    • "If you are out to describe the truth, leave elegance to the tailor."
    _______
    Quellen:
    Alber Einstein: Über die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie (Gemeinverständlich). (1916) 5. Auflage, Verlag von Friedr. Vieweg und Sohn, Braunschweig: 1920, Vorwort S. IIIf. (Link);
    Anno
    Reichspost, Morgenblatt,  Viator (Psd.): "Einsteinrummel", 14. Januar 1921, S. 2  (Link) 
    Google books
    Wikiquote

    "Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Drum Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's! Reise, reise!" Wilhelm Busch (angeblich)

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    Die Urheberin dieses Spruchs, der seit 1962 (Link) meistens Wilhelm Busch unterschoben wird, ist unbekannt.
    Manchmal findet man dieses Zitat als Fortsetzung von zwei Versen, die wirklich von Wilhelm Busch stammen.

    • "Eins, zwei, drei im Sauseschritt
      läuft die Zeit, wir laufen mit.

      Schaffen, schuften, werden älter,
      träger, müder und auch kälter.
      Bis auf einmal man erkennt,
      dass das Leben geht zu End’.
      Viel zu spät begreifen viele,
      die versäumten Lebensziele:
      Freude, Schönheit der Natur,
      Gesundheit, Reisen und Kultur.
      Darum, Mensch, sei zeitig weise!
      Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!
      "
      Unbekannter Autor. Nur die ersten 2 Zeilen sind von Wilhelm Busch.(Link)
     Wilhelm Busch, Julchen, 1877
    • "Einszweidrei! im Sauseschritt
      Läuft die Zeit; wir laufen mit. –
      Julchen ist hübsch kugelrund
      ...."
    • "Einszweidrei! im Sauseschritt
      Läuft die Zeit; wir laufen mit. – 
      Julchen ist schon sehr verständig
      ..."
    • "Einszweidrei! im Sauseschritt
      Läuft die Zeit; wir laufen mit. – 
      Unsre dicke, nette Jule
      Geht bereits schon in die Schule,
      ....."
    • "Einszweidrei! im Sauseschritt
      Läuft die Zeit; wir laufen mit. – 
      Julchen ist nun wirklich groß,
      ...."
      Wilhelm Busch, Julchen (Link)
     _________
    Quellen:
    Oskar Klug: Volkskapitalismus durch Eigentumsstreuung. Illusion oder Wirklichkeit, G. Fischer, Stuttgart: 1962, S. 81 (Link) (Erstzuschreibung nach Google books; vor dem Jahr 1962 ist der Spruch in keinem digitalisierten Text zu finden.)
    Wilhelm Busch: Julchen (1877), 3. Teil der Herr Knopp-Trilogie Zeno.org
    Hugo Hartung: Mit Dichtern reisen: „Reise-Winke von Goethe bis Kafka“.  Süddeutscher Verlag, München: 1964, S. 69 (zitiert nach Wikipedia)
    Wikipedia Reise
    Ulrich Seelbach und Mitarbeiterinnen, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

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     Artikel in Arbeit.

    "Die Psychoanalyse ist die Krankheit, die sie zu heilen vorgibt." Karl Kraus (angeblich)

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    Einer der populärsten Aphorismen von Karl Kraus wird oft schlampig zitiert.

    Korrekt wäre:

    •   "Psychoanalyse ist jene Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält."
      Karl Kraus, 1913

     Varianten:
    • "Die Psychoanalyse ist die Krankheit, als deren Therapie sie sich ausgibt."
    • "Die Psychoanalyse ist die Krankheit, für deren Therapie sie sich hält." 
    • "die Psychoanalyse ist die Krankheit, die sie behauptet zu heilen."
    • "Psychoanalyse ist die Krankheit, für deren Therapie sie sich hält."
    • "Die Psychoanalyse ist die Krankheit, die sie zu heilen vorgibt."
    • "Karl Kraus hat mit dem Diktum, die Psychoanalyse sei die Krankheit, deren Therapie zu sein sie nur vorgebe, einen erfolgreichen Ton angeschlagen."  
    • "Psychoanalysis is that mental illness for which it regards itself as therapy."
    • "Psychoanalysis is the mental illness it purports to cure." 
    • "Psychoanalysis is that disease of which it pretends to be the cure." 
    • "Psycho-analysts are the disease posing as the cure."

      __________
      Quellen:
      Google
      Österreichische Akademie der Wissenschaften, AAC: DIE FACKEL   
      Karl Kraus: "Die Fackel" Nr. 376-377, 1913, S. 21 
      Karl Kraus: "Nachts." Verlag 'Die Fackel', Wien / Leipzig: 1924 (3. und 4. Tausend), S. 80
      Karl Kraus: Schriften. Herausgegeben von Christian Wagenknecht. Band 1–20. Suhrkamp, Frankfurt: 1986–1994. Band 8, Aphorismen, 1987, S. 351 (Link) 
      Project Gutenberg 

      "Die Abschaffung der Nation ist die europäische Idee!" Walter Hallstein (angeblich)

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      Ulrike Guérot und Robert Menasse haben diesen Spruch 2013 Walter Hallstein, dem ersten Präsidenten der EWG, der ersten Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, zugeschrieben.

      Walter Hallstein (zugeschrieben von Robert Menasse):
      1. "Die Abschaffung der Nation ist die europäische Idee." 
      2. "Das Ziel des europäischen Einigungsprozesses ist die Überwindung der Nationalstaaten."
      3. "Ziel ist und bleibt die Überwindung der Nation und die Organisation eines nachnationalen Europa."
      Der Historiker Heinrich August Winkler hat allerdings keines dieser drei angeblichen Walter-Hallstein-Zitate in den Reden und Schriften dieses deutschen Europapolitikers gefunden (Link).

      Wenn nicht bald ein Nachweis für diese drei Zitate geliefert wird, muss man davon ausgehen, dass sie Hallstein fälschlich zugeschrieben wurden.
        __________
        Quellen:
        Ulrike Guérot, Robert Menasse: "Manifest für die Begründung einer Europäischen Republik." Die Presse, 23. März 2013 (Link)
        Ulrike Guérot, Robert Menasse: "Es lebe die europäische Republik!" Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. März 2013 (Link)
        Robert Menasse: "Kritik der Europäischen Vernunft." Rede im Europäischen Parlament anlässlich der Feier „60 Jahre Römische Verträge“, gehalten  am 21. März in Brüsssel, Suhrkamp, Frankfurt: 2017 (pdf) 
        Heinrich August Winkler: "Europas falsche Freunde." Spiegel, 43/217, 23. Oktober 2017 (Link)
        Heinrich August Winkler: "Zerbricht der Westen?: Über die gegenwärtige Krise in Europa und Amerika." 2017  (Link)
        Heinrich August Winkler, NZZ, Interview, 4. Oktober 2017 (Link)

        "Wenn ihr eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen." Jean Paul Sartre (angeblich)

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        Pseudo-Jean-Paul-Sartre quote.

        Der Spruch wird seit 1946 dem deutschen Schriftsteller Jean Paul zugeschrieben, und erst ab etwa 2005 (Link)auch dem französischen Philosophen Jean Paul Sartre.
        Er wird also irrtümlich Jean Paul Sartre unterschoben, auch weil kein ähnlicher Satz von ihm auf Französisch zu finden ist. Namensähnlichkeiten führen öfters zu falschen Zitat-Zuschreibungen.

        Warum dieses Pseudo-Sartre-Zitat bei Impfgegnern und AfD-Ideologen (Link)besonders beliebt ist, weiß ich nicht.

        Ob der Spruch auch Jean Paul nur unterschoben wurde, kann ich nicht mit Gewissheit sagen, denn er wurde ihm von einem ernstzunehmenden Mann erstmals zugeschrieben, dem christlichen Philosophen, Pädagogen und Ethiker Friedrich Wilhelm Foerster

        Der heute vergessene deutsche Philosoph hatte die Auszeichnung, 1933 bei nationalsozialistischen Studenten gemeinsam mit Sigmund Freud, Heinrich Mann, Karl Marx, Alfred Kerr und Kurt Tucholsky "als undeutscher Geist" besonders verhasst zu sein. 

        Bücher Foersters wurden nach dem einfältigen Slogan: "Gegen Gesinnungslumperei und politischen Verrat, Für Hingabe in Volk und Staat! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Friedhelm Förster", auf einem Berliner Nazi-Scheiterhaufen am 10. Mai 1933 verbrannt (Link).

        Im Oktober 1946, am Ende des Vortrags Friedrich Wilhelm Foersters: "Warnung vor Illusionen in der deutschen Frage", in dem er - gegen Winston Churchills Vorschlag - vor einer vorschnellen Aufnahme des kriminell gewordenen Deutschland in eine europäische Gemeinschaft warnt, taucht das Jean-Paul-Zitat erstmals auf und wird im 20. Jahrhundert einmal irrtümlich einer Figur aus Thomas Manns 'Zauberberg' zugeschrieben und sonst nur Jean Paul (Google books).

        Da ich das Zitat nach längerer Suche in keinem Werk Jean Pauls gefunden habe, wäre ich überrascht, wenn es jemand in seinen Schriften nachweisen könnte.  

        Varianten:
        • "Wenn ihr eure Augen nicht braucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen."
        • "Wenn Ihr Eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, so werdet Ihr sie eines Tages gebrauchen, um zu weinen."
        • "Wenn Ihr Euere Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet Ihr sie gebrauchen müssen, um zu weinen."
        • "Wenn Ihr nicht Augen habt, um zu sehen, werdet Ihr Augen haben, um zu weinen."
        • "Wenn ihr eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen."
        • "Wenn Ihr heute die Augen nicht gebraucht um zu sehen, werdet Ihr sie morgen brauchen um zu weinen!"
        • "If you do not use your eyes to see with, you will need them to weep with!" Jean Paul 
        • "If you do not use your eyes to see you WILL use them to weep / cry ." Jean Paul
        • "If you do not use your eyes to see, you will need them to weep!" J.P. Sartre 

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        Quellen:
         Google, 2005: Google 
        Google books
        Twitter
        "Wer Merkel wählt, wählt den endgültigen Selbstmord Deutschlands. Offener Brief an alle Angela Merkel-Wähler von Frank Haubold". "Philosopia perennis", 18. August 2017  (Link) 
        Friedrich Wilhelm Foerster: "Warnung vor Illusionen in der deutschen Frage." Neue Zürcher Zeitung, 27. Oktober 1946 (noch nicht überprüft.)
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        Dank:
        Ich danke Ralf Bülow und Basso Continuo sehr für Ihre Hinweise und Recherchen.

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        Artikel in Arbeit.

        "Wenn die Welt untergeht, dann gehe ich nach Mecklenburg, denn dort geht sie 100 Jahre später unter." Otto von Bismarck (angeblich)

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        Dieser alte Berliner Witz wird  Otto von Bismarck, Karl Kraus, Gustav Mahler und in einigen Varianten auch Hegel, Heinrich Heine, Abraham Lincoln und Mark Twain unterschoben.

         Erstmals nachweisbar ist der Witz im Jahr 1837:
        • "Was wirst Du machen, wenn die Welt untergeht?" -
          "Da gehe ich nach Königsberg, da kommt Alles 50 Jahre später!"
          Berliner Witz, 1837
          Neue Zeitschrift für Musik, Mainz, 12. Dezember 1837 Anno

        Otto von Bismarck wird der Spruch fünfzig Jahre nach seinem Tod erstmals zugeschrieben (Link):
          
        • 1954: "Die Kollegen aus Sachsen möchte ich fragen, ob sie den Ausspruch von Bismarck kennen: 'Wenn die Welt untergeht, dann gehe ich nach Mecklenburg, denn dort geht sie 100 Jahre später unter.'"(Link)
        • "Wenn einmal die Welt untergeht, geht Mecklenburg 50 Jahre später unter." 
        • "Ein Mensch, der den Weltuntergang ohne Schädigung überstehen wolle, täte gut daran, sich in Mecklenburg niederzulassen, denn dort merke man das öffentliche Geschehen erst ein Jahrhundert später ..." 
        • "Wenn die Welt untergeht, sollte man nach Mecklenburg gehen, da passiert alles 100 Jahre später."
        • "Many citizens in the south of the GDR during the Wende seemed to believe in Bismarck's alleged dictum: 'If the end of the world is nigh, I'll go to Mecklenburg WestPomerania, for everything happens there 100 years later than elsewhere."  (Link) 
        • "'When the end of the world comes, I shall go to Mecklenburg because there everything happens a hundred years later.' Otto von Bismarck"(Link)
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        Englische Varianten:
        • "A seniour citizen of Lousiana was overheard saying: 'When the end of the world comes, I hope to be in Louisiana.' When asked why, he replied, 'I'd rather be in Louisiana 'cause everythang happens in Louisiana 20 years later than in the rest of the world'."(Link)
        • "Regarding the year 2000, a senior at University of Vermont was overheard saying "when the end of the world comes, I hope to be in "Vermont." When asked why, he stated that everything happens here 20 years later than the rest of the civilized world."(Link)
        • "'When the end of the world comes, I want to be in Cincinnati. Everything happens 10 years later there.' Attributed to Mark Twain"(Link)
        • "Wasn't it Heine who once said that if the end of the world was nigh, he would immediately emigrate to Holland because everything happens 50 years later there?" (Link)
        •  "At the end of the world, go to Bukhara,” the Druse once seriously advised him. “Everything happens fifty years later there."(Link)
        •  As Hegel put it: "If the end of the world is imminent go to the Netherlands: everything happens there 50 years later!"(Link)
        • "In the nineteenth century the German poet Heinrich Heine remarked that if the end of the world were announced he would go to Holland because everything happens fifty years later there."(Link)
        _________
        Quellen:
        Google
        Neue Zeitschrift für Musik, Mainz, 12. Dezember 1837, Anno

        "Es wird die Zeit kommen, da das Verbrechen am Tier genauso geahndet wird, wie das Verbrechen am Menschen." Leonardo da Vinci (angeblich)

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        Pseudo-Leonardo-da-Vinci quote.

        Dieses berühmte Zitat stammt aus dem im Jahr 1900 erschienen historischen Roman von Dmitri Mereschkowski über das Leben von Leonardo da Vinci. - In den Schriften Leonardo da Vincis wurde dieses Zitat allerdings nie gefunden (Link).

         Übersetzungen des russischen Leonardo-da-Vinci-Romans:
        •  "Der Meister [Leonardo da Vinci] leidet es nicht, daß man einem lebenden Wesen irgendwelchen Schaden zufügt, selbst nicht den Pflanzen. Zoroastro erzählte mir, daß er schon seit seiner frühesten Jugend aus diesem Grunde kein Fleisch genießt: es werde eine Zeit kommen, meine er, da alle Menschen, gleich ihm, sich mit Pflanzenkost begnügen und das Schlachten der Tiere als ein ebenso großes Verbrechen ansehen würden wie den Mord an einem Menschen."   
          Dmitri Sergejewitsch Mereschkowski: "Leonardo da Vinci", Roman
          (Link) 
        • "The master [Leonardo da Vinci] permits harm to no living creatures, not even to plants. Zoroastro tells me that from an early age he has abjured meat, and says that the time shall come when all men such as he will be content with a vegetable diet, and will think on the murder of animals as now they think on the murder of men."
          Dmitry Sergeyevich Merezhkovsky: "The Romance of Leonardo da Vinci", (Link)
        Aus dieser Passage des Romans von Mereschkowski entwickelten sich seit den 1960er Jahren folgende Pseudo-Leonardo-da-Vinci-Zitate:
        • "Es wird die Zeit kommen, in welcher wir das Essen von Tieren ebenso verurteilen, wie wir heute das Essen von unseresgleichen, die Menschenfresserei, verurteilen."
        • "Es wird die Zeit kommen, da das Verbrechen am Tier ebenso geahndet wird, wie das Verbrechen am Menschen."
        • "Ich habe schon in jüngsten Jahren dem Essen von Fleisch abgeschworen, und die Zeit wird kommen, da die Menschen wie ich die Tiermörder mit gleichen Augen betrachten werden wie jetzt die Menschenmörder."

        Pseudo-da-Vinci quote.

          •  "The time will come when men such as I will look upon the murder of animals as they now look on the murder of men."  (Link)
          • "I have from an early age abjured the use of meat, and the time will come when men such as I will look on the murder of animals as they now look on the murder of men."
          Das Zitat ist falsch, aber Leonardo da Vinci war nach dem Zeugnis eines Zeitgenossen, des Forschungsreisenden Andrea Corsali, wirklich das, was man seit dem 19. Jahrhundert einen "Vegetarier" nennt.

          Über die Bewohner der indischen Region Gujarat ("Heiden, genannt Guzzarati") schreibt der italienische Entdeckungsreisende Andrea Corsali 1515 in einem langen Brief aus Indien an Lorenzo de' Medici
          • "Sie ernähren sich von nichts, das Blut enthält, und man lässt unter ihnen auch nicht zu, dass man irgendeinem beseelten Wesen schadet, so wie unser Leonardo da Vinci: sie leben von Reis, Milch und anderen unbeseelten Lebensmitteln."
          • "Non si cibano di cosa alcuna che tenga sangue, né fra essi loro consentano che si noccia ad alcuna cosa animata, come il nostro Leonardo da Vinci: vivono di risi, latte e altri cibi inanimati." 
            Andrea Corsali, Cochin, Indien, 1515 (Link)
          Dieses Satz, der die einzige präzise historische Quelle für die Vermutung ist, dass Leonardo da Vinci Vegetarier war, wird meistens in verkürzter Form (Link) zitiert, und in phantasievollen englischen Übersetzungen sowie in der italienischen Fassung mit dem Tippfehler "come iT nostro"(Google) verbreitet.

           ________________
          Quellen:
          Das Falschzitat steht in vielen Online-Zitatesammlungen (Google)
          Leonardo Da Vinci: "The Notebooks of Leonardo Da Vinci",  A. A. Khan, General Press, e-book, New Dehli: 2014 Google books
          Dmitri Sergejewitsch Mereschkowski: "Leonardo da Vinci. Historischer Roman aus der Wende des 15. Jahrhunderts."Übersetzt von Carl von Gütschow. Schulze, Leipzig: 1903. Google books
          "Relazioni di viaggiatori", Volume II. Hrsg. und illustriert von Luigi Carrer, Co'tipi del Gondoliere, Venezia: 1846, S. 65 Brief von Andrea Corsali
          "Was Leonardo a Vegetarian?" 22. Februar 2017 (Link) (mit einigen Ungenauigkeiten)
          David Hurwitz: "Leonardo da Vinci's Ethical Vegetarianism", 19. Juli 2002 (Link)
          Wikiquote
          Wikiquote English 
          _______
          Dank:
          Ich danke Eduard Habsburg für die heikle Übersetzung aus dem Italienischen (Twitter). Auch  Wikiquote war sehr hilfreich.

          "Im Krieg ist Wahrheit das erste Opfer." Aischylos (angeblich)

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          Pseudo-Aischylos quote.
          Dieser Aphorismus stammt aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und wurde von einer unbekannten Person wahrscheinlich in England geprägt. Erstmals in einem digitalisierten Text taucht der Spruch in dem Wortlaut, "'Truth', it has been said, 'is the first casuality of war'", 1916 in Philip Snowdens Vorwort zu dem Buch "Truth and War" von E. D. Morel auf (Link).

          Inzwischen kennt jeder auf der Welt diesen Spruch, er ist seit den Irak-Kriegen zu einem internationalen Gemeinplatz geworden, und wird vielen Autoren und einer Autorin fälschlich zugeschrieben.

          Seit dem Vietnamkrieg unterschiebt man ihn dem griechischen Dichter Aischylos (Link)(Link),  manchmal auch dem englischen Dichter Rudyard Kipling oder dem Premierminister Winston Churchill, obwohl noch nie jemand das Zitat in einem ihrer Texte entdecken konnte.
          Pseudo-Churchill quote.

          Seit 1928 wird dem kalifornischen Politiker Hiram Johnson der Aphorismus in der Version "The first casualty when war comes is truth", oder: "When war is declared, Truth is the first casualty", zugeschrieben, doch in jener Rede, in der er den Spruch angeblich gesagt hat, ist er laut The Oxford Dictionary of Proverbs nicht enthalten (Link).

          Pseudo-Hiram-Johnson quote.

          Dass in Kriegen mehr als sonst gelogen wurde, hat vielleicht Samuel Johnson im 18. Jahrhundert als Erster formuliert:
          • "Among the calamities of war may be justly numbered the diminution of the love of truth, by the falsehoods which interest dictates and credulity encourages."
            Samuel Johnson, 11. November 1758, The Idler Nr. 30 (Link)
          Pseudo-Muriel-Lester quote.

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          Quellen:
          Jennifer Speake: The Oxford Dictionary of Proverbs. Oxford University Press, Oxford: 2015, S. 327 (Link)
          Fred R. Shapiro: The Yale Book of Quotations. Yale University Press, New Haven / London: 2014, S. 529 (Link)
          E. D. Morel:"Truth and the War". Vorwort von Philip Snowden. The National Labor Press, London, 1. Auflage: Juli 1916, 3. Auflage: 1918, S. XIII  (Link),(Link)
          "The Universal Magazine of Knowledge and Pleasure." J. Hinton, Band 23, London: 11. November 1758, The Idler (Samuel Johnson) Nr. 30, S. 238  (Link) auch: The Idler Nr. 30  (Link)  
          Wikiquote
          Dieses Zitat wird Kipling (Link) und vielen anderen irrtümlich zugeschrieben (Google).
          _________
          Dank:
          Ich danke Ralf Bülow für seine Hinweise.


          "Der echte Wiener ist aus Schleim gemeißelt." Karl Kraus (angeblich)

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          Dieser Witz ist in Österreich seit ein paar Jahren in Umlauf und wurde erstmals im Oktober 2017 von dem Schauspieler Christoph Waltz dem Autor Karl Kraus unterschoben (ORF.at).
          Auch auf Englisch:
          • "One of the greatest Austrian writers ever, Karl Kraus, said a true Viennese is chiseled from slime."
            Christoph Waltz, Oktober 2017 (Link)

          Varianten:
          • 1984: "BRD-Journalistin Peggy Parnass schließlich bringt ihre österreichische Seelenerfahrung auf einen Satz: „Da ist alles wie aus Schleim gemeißelt."(Link)
          • "Der Wiener ist ein Mensch in Schleim gemeisselt. -- Nestroy"(Link)
          • "Angeblich gibt es Menschen (im Ausland), die behaupten: Der Weaner ist: in Schleim gemeißelt."
            Peter Pisa, 24.10.2016, Kurier (Link)
          Der Spruch ist weder in den Schriften von Karl Kraus noch in denen von Johann Nestroy zu finden, und ist, wie so viele Witze, wahrscheinlich von einer unbekannten Person geprägt worden.
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          Quellen:
          Twitter
          Google
          Österreichische Akademie der Wissenschaften, AAC: DIE FACKEL  
          Johann Nestroy: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe – Index und Konkordanz  Nestroy-Werke.at
          Peter Pisa: "Gemeißelt." Kurier, 24. Oktober 2016 (Link) 
          Sonia Neufeld: "Waltz und der 'Groove' von Wien", ORF.at, 25. Oktober 2017 (Link)
          Ruben V. Nepales: "When Christoph Waltz is in a good mood, humorous sparks fly." inquirer.net: 26. Oktober 2017 (Link)
          Profil, Band 15, 1984, S. XIV
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          Anmerkung:
          Wenn mir Kolleginnen aus der Karl-Kraus-Forschung bestätigt haben, dass auch sie das Zitat in keinem Text von Karl Kraus gefunden haben, kann man sicher sein, dass es falsch zugeschrieben wurde.
          https://twitter.com/krieghofer/status/923186897681354753

          "Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich." Mark Twain (angeblich)

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          Pseudo-Mark-Twain quote.

          Dieser oft zitierte Spruch wird Mark Twain erstmals 1970 - also erst sechs Jahrzehnte nach seinem Tod - zugeschrieben, wie Quote Investigator herausgefunden hat (Link). 

          Seit zwei Jahrzehnten ist das Falschzitat auch auf Deutsch sehr beliebt und wird durch Ratgeberliteratur und Zeitungen verbreitet. In seriösen Zitat-Lexika ist es so wenig wie in Mark Twains Schriften zu finden.


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          Quellen:
          Google
          The Dictionary of Modern Proverbs. Zusammengestellt von Charles Clay Doyle, Wolfgang Mieder und Fred R. Shapiro, Yale University Press, New Haven: 2012, S. 121 (?)
          Quote Investigator: "History Does Not Repeat Itself, But It Rhymes - Mark Twain? John Robert Colombo? James Eayrs? Anonymous?" 2014 (Link)
           

          "Bella gerant alii: tu, felix Austria, nube!" König Matthias Corvinus (angeblich)

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          Pseudo-Matthias-Corvinus quote.

          Den Urheber dieses in Österreich immer noch berühmten Hexameters, der im 16. Jahrhundert entstanden sein könnte, aber erst seit 1654 belegt ist, kennt man nicht. Der Spruch wurde viel später dem ungarischen König Matthias Corvinus unterschoben, obwohl dieser König der Ungarn, Kroaten und Böhmen schon im Jahr 1490 starb, also noch bevor mit habsburgischen Heiraten ein Weltreich erschaffen wurde. Schon im 19. Jahrhundert lehnten Zitatesammler wie Büchmann die Zuschreibung an Corvinus ab.

          Auch Zuschreibungen an Johannes Cuspinianus / Spießheimer und Ulrich von Hutten haben sich als unhaltbar erwiesen. Ich folge da der Einschätzung der Historikerin Elisabeth Klecker, in deren aufschlußreicher Studie zu diesem Spruch auch fast alle hier erwähnten Daten belegt sind. Die Zuschreibung des Zitats an Kaiser Maximilian I. in Online-Zitatsammlungen kann man ebenso wenig ernst nehmen (Link) wie die Behauptung, der Hexameter sei Maximilians Wahlspruch gewesen (Link), weil es dafür keinerlei seriöse Quellen gibt.

            Von 1680 bis zu Kaiser Franz Joseph wurde bei Habsburg-Hochzeiten das Hochzeitspaar mit diesem Hexameter und Variationen dazu von Hofdichtern auf Lateinisch gefeiert. Den Propagandisten der Familie Habsburg gelang es mit einer Serie von Huldigungsgedichten die k.u.k. Familie - im Unterschied zu anderen europäischen Fürstenfamilien - als Friedensmacht zu definieren:
          • "Krieg führe, wer da will. Es mögen Potentaten
            Mit Degen in der Faust ausüben grosse Thaten:

            Das holde Oesterreich erwählet Liebes=Band. "

            Zur Hochzeit von Joseph II., 1760, OLG, 1997, S. 33
          Zur Ideologie der Habsburger, die den Spruch "Bella gerant alii ..." auch in Schulbüchern und bei anderen Festlichkeiten verbreiten ließen, gehörte es, ihre  erfolgreiche Heiratspolitik nicht der Gerissenheit oder dem diplomatischen Geschick ihrer Familienmitglieder zuzuschreiben, sondern der Gnade Gottes und der Pietas Austriaca, also ihrer Frömmigkeit. Dass schon Kaiser Maximilian I. seine erheirateten Länder durch Kriege in Besitz nahm, wurde verdrängt. 

          Das vollständige Hochzeits-Distichon taucht erstmals in einer Publikation aus dem Jahr 1718 auf (Link)

          • "Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube! 
            Nam quae Mars aliis, dat tibi Regna Venus."
            • "Laß andre ziehn ins Feld, / heurathe Oestreich du, /
              Denn was Mars andern gibt, legt Dir die Venus zu."
              1718,
              (Link)
          • "Mögen andere Länder Kriege führen, du, glückliches Österreich, heirate.
            Denn was Mars den anderen gibt, gibt dir die göttliche Venus."
          • "Krieg mögen andere führen! Du, glückliches Österreich, heirate!
            Denn was Mars den anderen, gibt dir die göttliche Venus."
          • "Kriege mögen andere führen, du, glückliches Österreich, heirate!
            Denn Reiche, die anderen der Krieg gibt, schenkt dir Venus."
             
           Zur Entstehung:
          "Bella gerant allii" war im 16. Jahrhundert (1566 nachweislich) die Devise von Kardinal Lorenzo Gonzaga (Link), und die ersten drei Worte des Hexameters wurden erstmals vom römischen Autor der  "Heroides"-Liebesbriefe formuliert, die vielleicht Ovid nur unterschoben wurden.
           
           Ovid, Heroides:
          • Bella gerant alii, Protesilaos amet!
            Kriege führen mögen andere, Protesilaos soll lieben! (Link)
            Let others go to the wars; let Protesilaus love! (Link)
          • Bella gerant fortes, tu, Pari, semper ama!
            Kriege sollen die Tapferen führen, Du, Paris, liebe immer! (Link)

            Be the waging of wars for the valiant; for you, Paris, ever to love! (Link)
          Das habsburgische Hochzeits-Distichon wurde in verschiedenen Variationen auch spöttisch verwendet.
            ______ 
            Quellen:
            P. Antonium Foresti: "Historische Welt-Cart, Das ist: Ordentliche Beschreibung der vier grössesten Reich der Welt." Anonymer Übersetzer, Verlag Georg Schlüter und Martin Happach, Augsburg: 1718, S. 549  (Link)
            Elisabeth Klecker: "Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube. Eine  Spurensuche", "Österreich in Geschichte und Literatur (mit Geographie)" OGL 41. Jg, 1997, Heft 1, S. 30-44 
            Die Zeitschrift  "Österreich in Geschichte und Literatur " hatte 1995 eine Preisaufgabe zu dem Spruch ausgeschrieben. Dazu: OGL 40. Jg., 1996, Heft 1, S. 53f., OGL 41. Jg, 1997, Heft 1, S. 29 und OGL 44. Jg., 2000, Heft 4 S. 243-251.
            P. OVIDI NASONIS EPISTVLAE HEROIDVM, XIII. Laodamia Protesilao, 13, 79 (Link); XVII. Helene Paridi, 17, 251 (Link)
            Ovid: Heroides and Amores. Translated by Showerman, Grant. Loeb Classical Library Volume 41. Cambridge, MA, Harvard University Press; London, William Heinemann Ltd. 1931. (Link)
            Johannes John: Reclams Zitaten-Lexikon, Reclam, Stuttgart: 2014  (Link)
            Dudenredaktion: Zitate und Aussprüche: Herkunft und aktueller Gebrauch,  3. Auflage, Dudenverlag, Mannheim Leipzig Wien Zürich: 2015, S. 75f.  (Link) 
            Wikipedia 
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            Habsburg.net
            Zitate.eu
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            Artikel in Arbeit.



            "Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, der kann dich auch veranlassen, Gräueltaten zu begehen." Voltaire (angeblich)

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            Das ist ein zugespitztes Voltaire-Zitat; das Original klingt weniger alarmistisch. Voltaire schreibt in seinen "Untersuchungen über die Wunder" (1765) nicht von "Gräueltaten", sondern von "ungerecht" (injuste) machen:

             Voltaire, 1765
            •  "Certainement qui est en droit de vous rendre absurde est en droit de vous rendre injuste."(Link)
            Übersetzung, 1788
            • "Wer berechtigt ist, einen ungereimt zu machen, kann ihn auch ungerecht machen."
              (Link)
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            • "Sicher, wer dich von Absurditäten überzeugen kann, kann Dich auch zu Ungerechtigkeiten verleiten."
              Übersetzung: von mir
            •  "Certainly any one who has the power to make you believe absurdities has the power to make you commit injustices."
              Übersetzung: Norman Lewis Torrey
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            Wie Wikiquoter herausgefunden haben, hat sich auf Englisch schon seit dem 19. Jahrhundert die extremere Version eingebürgert:

            • "Those who can make you believe absurdities, can make you commit atrocities".

            Durch die Übersetzungen der Bestseller von Richard Dawkins und Steven Pinker(Google) sowie durch Zitatesammlungen hat sich diese ungenaue Übersetzung von Voltaires Gedanken auch auf Deutsch verbreitet:
            • "Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, der kann dich auch veranlassen, Gräueltaten zu begehen." 

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            Quellen:
             Google
            Voltaire: Questions sur les miracles, 11. Brief an M. Corvelle (1765), Oeuvres completes de Voltaire. Band 16, 1784,  S. 451 (Link)
            Voltaire: Untersuchung über die Wunder in Briefen, 11. Brief, Voltair's sämtliche Schriften: Sechszehnter Band, Band 16, Arnold Wever, Berlin:1788, S. 365 (Link)
             Norman Lewis Torrey: Les Philosophes. The Philosophers of the Enlightenment and Modern Democracy. Capricorn Books, New York: 1961, S. 277f.
            Wikiquote E
             Wikiquote

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            Dank:
            Wikiquote Diskussionen

            "Wenn du wissen willst, wer dich beherrscht, mußt du nur herausfinden, wen du nicht kritisieren darfst." Voltaire (angeblich)

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            Pseudo-Voltaire quote.
              Dieses in konservativen amerikanischen Kreisen äußerst beliebte Zitat wird seit kaum 10 Jahren irrtümlich Voltaire zugeschrieben, aber der Spruch stammt nicht von dem französischen Philosophen aus dem 18. Jahrhundert, sondern aus dem Text eines vorbestraften rechtsextremen amerikanischen Holocaust-Leugners aus dem Jahr 1993:
              •  "To determine the true rulers of any society, all you must do is ask yourself this question: who is it that I am not permitted to criticise? We all know who it is that we are not permitted to criticise. We all know who it is that it is a sin to criticise. Sodomy is no longer a sin in America. Treason, and burning and spitting and urinating on the American flag is no longer a sin in America. Gross desecration of Catholic or Protestant religious symbols is no longer a sin in America. Cop-killing is no longer a sin in America – it is celebrated in rap ‘music’."
                Kevin Alfred  Storm: "All America Must Know the Terror", National Vanguard, 1993 (Link)
                Aus diesem Absatz entstanden diese Sprüche und ähnliche:
                • "To determine the true rulers of any society, all you must do is ask yourself this question: Who is it that I am not permitted to criticize?"
                • "To learn who rules over you, simply find out who you are not allowed to criticize."
                • "Um zu erfahren, wer über euch herrscht, braucht ihr nur herauszufinden, wen ihr nicht kritisieren dürft."

                Pseudo-Voltaire quote.
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                Quellen:
                Google
                Paul Gibbard, University of Western Australia, davor: Voltaire Foundation in Oxford, in:  "Cory Bernardi mistakenly 'quotes' Voltaire on Twitter with neo-Nazi's line", The  Guardian, 27. November 2015 (Link)
                Kevin Alfred  Storm: "All America Must Know the Terror", National Vanguard:1993 (Link)

                "Wer Gott sagt, will betrügen." Pierre-Joseph Proudhon (angeblich)

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                Das erfolgreichste Falschzitat Carl Schmitts ist sein Proudhon-Zitat, "Wer Gott sagt, will betrügen".

                Carl Schmitt behauptet, sein Bonmot, "Wer Menschheit sagt, will betrügen", sei eine Modifikation von Proudhons Satz, "Wer Gott sagt, will betrügen." - Bisher hat allerdings noch niemand diesen Satz so oder so ähnlich in einer Schrift Proudhons gefunden.

                Der gefeierte deutsche Rechtsgelehrte Carl Schmitt, der mit seinem vulgäranalytischen Bonmot Immanuel Kant oder den Autor der Letzten Tage der Menschheit, der ihm verhasst war, als heimliche Betrugs-Hilskräfte hinstellt, hat mit seiner falschen Zuschreibung an den Anarchisten Proudhon sich selbst und seine Leser - wahrscheinlich unabsichtlich - betrogen.

                Und wenn Carl Schmitt sich ideologiekritischer und wahrheitsliebender präsentiert als jene angeblichen Betrüger-Rechtsphilosophen, die an der Kant'schen Idee der Menschheit festhalten, obwohl der Begriff Menschheit wie jeder Begriff propagandistisch mißbrauchbar ist, wirkt der unter Hitler und Göring virtuos praktizierende Opportunist Schmitt nicht sehr glaubwürdig, und sein Bonmot kommt mir nur so wahr vor wie seine Zuschreibung des Wer-Gott-sagt-will-betrügen-Aphorismus an Proudhon.
                "Wer Carl Schmitt sagt, will ..."


                Carl Schmitt, 1932:
                • "»Menschheit« ist ein besonders brauchbares ideologisches Instrument imperialistischer Expansionen und in ihrer ethisch-humanitären Form ein spezifisches Vehikel  des ökonomischen Imperialismus. Hierfür gilt mit einer naheliegenden Modifikation, ein von  Proudhon geprägtes Wort: Wer Menschheit sagt, will betrügen. Die Führung des Namens  »Menschheit«, die Berufung auf die Menschheit, die Beschlagnahme dieses Wortes, alles das  könnte, weil man nun einmal solche erhabenen Namen nicht ohne gewisse Konsequenzen  führen kann, nur den schrecklichen Anspruch manifestieren, daß dem Feind die Qualität des  Menschen abgesprochen, daß er hors-la-loi und hors l'humanité erklärt und dadurch der Krieg  zur äußersten Unmenschlichkeit getrieben werden soll."
                Carl Schmitt, 1954:
                • "Wenn heute der Name Gottes fällt, dann zitiert der Normal-Gebildete von heuzutage automatisch den Ausspruch Nietzsches: Gott ist tot. Andere, noch besser informiert, zitieren einen Ausspruch des französischen Sozialisten Proudhon, der dem Ausspruch Nietzsches um vierzig Jahre vorauseilt und behauptet: Wer Gott sagt, will betrügen."
                Immanuel Kant, 1785:
                  • "Der praktische Imperativ wird also folgender sein: Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst."
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                  Quellen:
                  Google
                  1785: Immanuel Kant: Grundlegung der Metaphysik der Sitten. Kant Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1900 ff., AA IV, S. 429 (Link)
                  1932: Carl Schmitt: Der Begriff des Politischen: Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corollarien. 7. Aufl., Duncker und Humblot, Berlin: 1991, S. 55 (Link)
                  1954: Carl Schmitt: Gespräch über die Macht und den Zugang zum Machthaber. (1954), Klett Cotta, Stuttgart: 2008, S. 11 (Link)
                  Andreas Anter, Universität Bremen und  Christoph Cornelißen, Goethe-Universität Frankfurt am Main, zum Beispiel, haben das Schmitts Proudhon-Zitat auch nicht gefunden (Link),  (Link).
                  Die meisten Bewunderer Carl Schmitts glauben ihm allerdings ohne seriösen Quellennachweis sein Proudhon-Zitat, so wie auch Peter Sloterdijk  (Link).
                  __________
                  Anmerkung:
                  Das Zitat, "Eigentum ist Diebstahl", ist wirklich von Pierre-Joseph Proudhon.
                  In der Sekundärliteratur zu Carl Schmitt wird auch einige Male das "Wer-Menschhheit-sagt"-Bonmot Proudhon unterschoben, zum Beispiel hier: (Link), (Link).

                  "Alles im Leben dreht sich um Sex, nur nicht der Sex. Der dreht sich um Macht.“ Oscar Wilde (angeblich)

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                  Pseudo-Oscar-Wilde quote.
                  Der heutzutage sehr beliebte Spruch ist vor dem Jahr 1980 weder auf Englisch noch auf Deutsch in digitalisierten Texten nachweisbar und auch in keinem Werk Oscar Wildes zu finden.

                  Bekannt wurde der Aphorismus durch die Netflix-Serie "House of Cards":
                  • "Francis Underwood
                    A great man once said, everything is about sex. Except sex. Sex is about power."
                    House of Cards, Chapter 9, 2013  (Link)









                  Wer den Spruch geprägt hat, wissen wir nicht. Er ist in verschiedenen Variationen schon vor der TV-Serie "House of Cards" in den 1990er Jahren als alter Witz unter amerikanischen Psychoanalytikern bekannt.
                  Erstmals irrtümlich Oscar Wilde zugeschrieben wurde dieser Witz anscheinend im Jahr 2002 (Link).

                  Varianten:
                  • "Everything is about sex except sex, which is about aggression."
                  • "Everything in the world is about sex except sex. Sex is about power." 
                  • "Everything is about sex. Except sex. Sex is about power."
                  Evolution des Spruchs:

                  1959
                  • "Everything is sex except sex, and God knows what sex has become. "
                  1984
                    • "Because sex is about power, then sado-masochism is argued to be only an extension of that power, and anyway, where do you draw the line?"

                    1997
                    • ".. the importance with which sex and aggression are viewed as motivators of human behavior by psychoanalysts is captured by the saying, "Everything is about sex, except sex, which is about aggression." I think of the Beast Within as a wolf ..."

                    1998
                    • "As the old analytic joke goes, "Everything is about sex except sex, which is about aggression."
                    2002
                    • "Brendan Lemon thoroughly understands Oscar Wilde's assertion that everything in the world is really about sex, except sex: Sex is about power." (Link)
                    2002
                    • "Summarizing Freud and all of psychoanalysis most succinctly, Robert Michels (personal communication) wryly suggested: "Everything is about sex, except sex; sex is about power."...  "Sometimes sex is just about sex !"(Link)
                    2013
                    • "Francis Underwood
                      A great man once said, everything is about sex. Except sex. Sex is about power."
                      House of Cards, Chapter 9, 2013  (Link)
                        _______
                        Quellen: 
                        Google
                        Wikiquote: unsourced
                        Vergebliche Suche (Link)
                        Usenet:  (Link)
                        IMDb (Link) 
                        ________
                        Dank:
                        Ich danke Ralf Bülow für die Korrektur der ersten Fassung des Artikels.
                        Artikel in Arbeit.

                        "Wer Multikultur will, der hat keine eigene Kultur, das heißt, er hat überhaupt keine Kultur. Ihm fehlt also das, was den Menschen ausmacht." Friedrich Nietzsche (angeblich)

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                        Pseudo-Nietzsche quote.

                        Das ist wohl das dümmste Zitat, das seit einem Jahrzehnt auf rechtsextremen Seiten und auf Twitter Friedrich Nietzsche unterschoben wird. Es kann schon deswegen in keiner Schrift Nietzsches gefunden werden, weil das Wort "Multikultur" erst etwa sieben Jahrzehnte nach seinem Tod aufgekommen ist.
                        Stilistisch und gedanklich bewegt sich dieses Falschzitat auf dem schlichten Niveau von Landser-Heften: auch deswegen kann es nicht von Nietzsche stammen.
                        "Multikultur", Ngram



                        Falschzitat, vollständige Variante:
                        •  "Wer Multikultur will, der hat keine eigene Kultur, das heißt, er hat überhaupt keine Kultur. Ihm fehlt also das, was den Menschen ausmacht. Denn Kultur ist nach Auffassung aller Philosophen, Anthropologen, Biologen der bestimmte Unterschied zwischen Mensch und Tier. Der Multikulturist muß also unter dem Menschen angeordnet werden. Er ist offensichtlich für Kultur zu dumm und für das gesunde Tier fehlt ihm der Instinkt.
                          Friedrich Nietzsche"
                        ______
                        Quellen:
                        Google
                        Erstmals taucht das Zitat 2006 auf (Link).
                        Google books Ngram Viewer
                        Friedrich Nietzsche: Digitale Kritische Gesamtausgabe der Werke und Briefe, basierend auf der Ausgabe von G. Colli und M. Montinari, Berlin/New York, de Gruyter: 1967ff., hrsg. von Paolo D’Iorio (Link)
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                        Dank:
                        Ich danke Sonstwer.works für den Hinweis. 

                        "Dieses Jahr wird in die Geschichte eingehen. Zum ersten Mal hat eine zivilisierte Nation ein vollständiges Waffenregister. Unsere Straßen werden dadurch sicherer, unsere Polizei effizienter und die ganze Welt wird in der Zukunft unserem Beispiel folgen!“ Adolf Hitler (angeblich)

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                        Pseudo-Hitler quote.

                        Dieses angebliche Hitler-Zitat ist in Amerika wahrscheinlich Hitlers bekanntestes Zitat und wurde vor kaum 40 Jahren anscheinend als PR-Instrument für die NRA-Waffenloby erfunden. Da es noch niemand in einer Schrift oder Rede Hitlers nachweisen konnte, ist es ein Falschzitat. Es kann auch deswegen nicht stimmen, weil es im Dritten Reich nie ein vollständiges Waffenverbot für Private gab.  Im Gegenteil. Die Waffengesetze waren während der Weimarer Republik strenger.
                        Juden wurden allerdings ab 1933 Waffenscheine entzogen und der Besitz von Waffen ab November 1938 generell verboten (Link).

                        Der Autor des Zitats ist unbekannt. 1994 galt es schon als berühmtes Hitler-Zitat (Link),  inzwischen hat es mehr als 40.000 Google-Treffer, und wird immer noch in Büchern gegen gun controll verbreitet (Link), obwohl man längst (Link) wissen kann, dass es ein erlogenes Zitat ist.

                        Nach einem Massenmord in Amerika, wenn wieder Stimmen für strengere Waffengesetze laut werden, wird unzählige Male in Leserbriefen und in Social Media mit diesem Zitat suggeriert, Waffenregistrierungen wären der erste Schritt zum Genocid.

                        • "Dieses Jahr wird in die Geschichte eingehen. Zum ersten Mal hat eine zivilisierte Nation ein vollständiges Waffenregister. Unsere Straßen werden dadurch sicherer, unsere Polizei effizienter und die ganze Welt wird in der Zukunft unserem Beispiel folgen!“ Adolf Hitler (Link)
                        • 1999: "1935 will go down in history! For the first time a civilized nation has full gun registration! Our streets will be safer, our police more efficient, and the world will follow our lead in the future!"(Link)
                        • "This year will go down in history! For the first time, a civilized nation has full gun registration! Our streets will be safer, our police more efficient, and the world will follow our lead into the future!" Adolf Hitler (angeblich)




                        • "1935 will go down in history! For the first time, a civilized nation has full gun registration! Our streets will be safer, our police more efficient, 


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                        Quellen:
                        Bernard E. Harcourt: "On Gun Registration, the NRA, Adolf Hitler, and Nazi Gun Laws: Exploding the Gun Culture Wars" (A Call to Historians) , Fordham Law Review, Vol. 73, Issue II, 653, New York:  2004 (pdf)
                        Zweite RWaffG-Durchführungsverordnung gegen den Waffenbesitz der Juden vom 11. November 1938 (RGBl. I S. 1573) 
                        Alex Seitz-Wald: "The Hitler gun control lie", Salon 1. November 2013 (Link)
                        (Link)
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                        "Wer von seinem Tag nicht zwei Drittel für sich selbst hat, ist ein Sklave." Friedrich Nietzsche (angeblich)

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                        Vollständig lautet Friedrich Nietzsches Satz:
                        • "Alle Menschen zerfallen, wie zu allen Zeiten so auch jetzt noch, in Sclaven und Freie; denn wer von seinem Tage nicht zwei Drittel für sich hat, ist ein Sclave, er sei übrigens wer er wolle: Staatsmann, Kaufmann, Beamter, Gelehrter."
                        Friedrich Nietzsche, 1878:
                        • "Hauptmangel der thätigen Menschen.Den Thätigen fehlt gewöhnlich die höhere Thätigkeit: ich meine die individuelle. Sie sind als Beamte, Kaufleute, Gelehrte, das heisst als Gattungswesen thätig, aber nicht als ganz bestimmte einzelne und einzige Menschen; in dieser Hinsicht sind sie faul. — Es ist das Unglück der Thätigen, dass ihre Thätigkeit fast immer ein Wenig unvernünftig ist. Man darf zum Beispiel bei dem geldsammelnden Banquier nach dem Zweck seiner rastlosen Thätigkeit nicht fragen: sie ist unvernünftig. Die Thätigen rollen, wie der Stein rollt, gemäss der Dummheit der Mechanik. — Alle Menschen zerfallen, wie zu allen Zeiten so auch jetzt noch, in Sclaven und Freie; denn wer von seinem Tage nicht zwei Drittel für sich hat, ist ein Sclave, er sei übrigens wer er wolle: Staatsmann, Kaufmann, Beamter, Gelehrter." 
                          Friedrich Nietzsche: "Menschliches, Allzumenschliches." I: § 283. Erste Veröffentlichung: 1878. (Link)
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                        Quelle:
                        Friedrich Nietzsche: Digitale Kritische Gesamtausgabe der Werke und Briefe, basierend auf der Ausgabe von G. Colli und M. Montinari, Berlin/New York, de Gruyter: 1967ff., hrsg. von Paolo D’Iorio, Menschliches, Allzumenschliches." I, 283. (Link)


                        "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Emmanuel Macron

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                        Was ist der Moment, von dem Hegel sprach?
                        • "Wenn die Philosophie ihr Grau in Grau malt, dann ist eine Gestalt des Lebens alt geworden, und mit Grau in Grau lässt sie sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen; die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug."
                          Georg Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts, Vorrede, 1820 (Link)
                        Als ich die beeindruckende Athener Europa-Rede Emmanuel Macrons las, verstand ich zuerst nicht, welchen Moment Emmanuel Macron meinte. Ich las: Wir (die Europäer) teilen den Moment von dem Hegel sprach -: Das ergibt im Zusammenhang mit der zukunftsorientierten Rede Macrons an die Jugend Europas keinen Sinn. Auch 

                        Die Sache ist aber einfacher als ich dachte. Macron hatte seine Rede am Hügel der Pnyx, dem klassischen Ort Athener Volksversammlungen, absichtlich am späten Abend angesetzt. Am Ende seiner Rede, als er von Hegels Eule der Minerva (griechisch: Athene) sprach, war es dunkel und im Hintergrund strahlte die Akropolis.

                        Macron hat Hegels Metapher, "die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug", wörtlich genommen und seine Rede  anscheinend auch wegen dieser Metapher in der Dämmerung Athens inszeniert.
                        Mein Irrtum: ich hatte das "wir" viel zu umfangreich verstanden. Mit der Interpretation, "Wir (die Athener Zuhörerinnen und Zuhörer sowie der Päsident Frankreichs) teilen jetzt diesen Moment, von dem Hegel sprach", ist die Bedeutung des Satzes klar und unmißverständlich: Es dämmert, und die Eulen Athens beginnen zu fliegen.
                        Es beginnt die Zeit, weise zu sein. Macron kümmert sich nicht um Hegels "Grau in Grau" der zu spät kommenden Philosophen, sondern empfiehlt der Jugend Europas auch etwas verrückt scheinende Ambitionen bei der Planung der gemeinsamen Zukunft.
                        Emmanuel Macron, 7. September 2017, Pnyx, Athen.
                        Macron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine "Renaissance Europas" vor. In Athen hielt er schon eine flammende Europarede, die in den Satz gipfelte: "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit – aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen. - derstandard.at/2000067300478/Macron-brauchte-ein-halbes-Jahr-zum-Verlust-des-HeiligenscheinsMacron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine "Renaissance Europas" vor. In Athen hielt er schon eine flammende Europarede, die in den Satz gipfelte: "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit – aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen. - derstandard.at/2000067300478/Macron-brauchte-ein-halbes-Jahr-zum-Verlust-des-Heiligenscheins
                          • "Macron wollte diese Rede aller Sicherheitsbedenken zum Trotz auf dem Hügel der Pnyx halten, dort wo die Griechen den Staat und die Demokratie erfunden haben. Er wollte sie mit Beginn der Dämmerung halten, wenn die Hügel rings um Athen in ein rosafarbenes Licht getaucht sind, wenn die Zikaden noch zirpen, während jener blauen Stunde also, da alles möglich scheint, sogar die Neuerfindung einer so alten und inzwischen vielfach verratenen Idee wie Europa." (Link)
                          • "Macron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine Renaissance Europas vor. In Athen hielt er im September vor der nächtlichen Akropolis eine flammende Europarede, die in dem Satz gipfelte: «Schaut diesen Moment, den wir teilen, es ist der Moment, von dem Hegel sprach, der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!» Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit; aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen."
                            (Link)
                            Macron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine "Renaissance Europas" vor. In Athen hielt er schon eine flammende Europarede, die in den Satz gipfelte: "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit – aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen. - derstandard.at/2000067300478/Macron-brauchte-ein-halbes-Jahr-zum-Verlust-des-HeiligenscheinsMacron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine "Renaissance Europas" vor. In Athen hielt er schon eine flammende Europarede, die in den Satz gipfelte: "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit – aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen. - derstandard.at/2000067300478/Macron-brauchte-ein-halbes-Jahr-zum-Verlust-des-HeiligenscheinsMacron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine "Renaissance Europas" vor. In Athen hielt er schon eine flammende Europarede, die in den Satz gipfelte: "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit – aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen. - derstandard.at/2000067300478/Macron-brauchte-ein-halbes-Jahr-zum-Verlust-des-Heiligenscheins
                          • "An die Jugend Europas gewandt sagte er: «Die Eule von Athen schaut leicht nach hinten. Tun Sie es nicht - schauen Sie nach vorne.»"
                            (Link)
                          Macron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine "Renaissance Europas" vor. In Athen hielt er schon eine flammende Europarede, die in den Satz gipfelte: "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit – aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen. - derstandard.at/2000067300478/Macron-brauchte-ein-halbes-Jahr-zum-Verlust-des-HeiligenscheinsMacron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine "Renaissance Europas" vor. In Athen hielt er schon eine flammende Europarede, die in den Satz gipfelte: "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit – aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen. - derstandard.at/2000067300478/Macron-brauchte-ein-halbes-Jahr-zum-Verlust-des-Heiligen7Emmaunel Macron, 7. September 2017, Athen:
                          Macron brennt darauf, nach der Regierungsbildung in Berlin loslegen zu können. Ihm schwebt nichts weniger als eine "Renaissance Europas" vor. In Athen hielt er schon eine flammende Europarede, die in den Satz gipfelte: "Seht diesen Moment, den wir teilen: Es ist der Moment, von dem Hegel sprach. Der Moment, in dem Minervas Eule aufsteigt!" Nicht alle verstanden den Hinweis auf das Symbol der Weisheit – aber alle waren sie von dem Furor des jungen Europäers hingerissen. - derstandard.at/2000067300478/Macron-brauchte-ein-halbes-Jahr-zum-Verlust-des-Heiligenscheins
                          • "Regardez l'heure que nous partageons, c’est ce moment dont HEGEL parlait, ce moment où la chouette de Minerve s'envole. Il est délicieux ce moment parce qu'il a quelque chose de confortable et de rassurant. La chouette de Minerve porte la sagesse mais elle regarde toujours derrière, c'est aussi ce que nous dit HEGEL avec humilité en parlant du philosophe, elle regarde derrière parce qu'il est toujours si facile et si agréable de regarder ce que nous avons, l'espace déterminé de ce que nous connaissons !"
                            Emmanuel Macron, Athen  (Link) 
                          • "Look at the time that we are sharing, it is the moment of which Hegel spoke, the moment when the owl of Minerva takes flight. This is such a wonderful time because there is something comfortable and reassuring about it. The owl of Minerva provides wisdom but it continues to look back, it is also what Hegel said with humility when speaking of philosophy, it looks back because it is always so easy and so nice to look at what we have, a determined space of what we know!
                            Do not be like the owl of Minerva,
                            have this crazy ambition again to desire a stronger, more democratic Europe, revitalized by its culture and what unites us! I am asking you and especially you, the young people of Europe, to have this extreme and perhaps a bit crazy ambition!
                            What we are hoping for is in our hands; let us desire this together for ourselves and our children! I promise you that we will succeed! To do so, apply the words of the poet, George Seferis, and I quote: “And when you look for the miracle you’ve got to scatter your blood to the eight points of the wind because the miracle is nowhere but circulating in the veins of man.”
                            So let us together give this miracle a chance for our Europe!"
                            Emmanuel Macron, Athen  (Link) 
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                              • "Half an hour of fine rhetoric leads up to the oratorical climax: “Look at the time that we are living in: it is the moment of which Hegel spoke, the moment when the owl of Minerva takes flight.” Macron doesn’t explain the metaphor; no doubt he overestimates his audience’s level of philosophical sophistication. Minerva is the goddess of wisdom, and the owl is her symbol; this owl, Hegel says, waits for night to fall before flying over the battlefield of history. In other words, philosophy can’t keep pace with events. “The owl of Minerva,” he continues, “provides wisdom but it continues to look back. It looks back because it is always so easy and so comforting to look at what we have, what we know, rather than at the unknown … ”(Link)

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                              Quellen:
                              Georg Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. (EA: 1820) Suhrkamp, Frankfurt am Main: 1972, S. 14. (Link)
                              Discours du Président de la République, Emmanuel Macron, à la Pnyx, Athènes le jeudi 7 septembre 2017, 8. September 2017, Französisch und Englisch (Link)
                              Emmanuel Carrère: "Orbiting Jupiter: my week with Emmanuel Macron. Is France’s new president a political miracle, or a mirage that is already fading away?" The Guardian, 20. Oktober 2017 (Link) Martina Meister: "Am Geburtsort der Demokratie beschwört Macron die Neugründung Europas". Welt, 7. September 2017 (Link)
                              Stefan Brändle: "Macron brauchte ein halbes Jahr zum Verlust des Heiligenscheins Analyse" Der Standard, 7. November 2017 (Link)

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